Bei vegetarischer Ernährung ist die Proteinversorgung einer der Knackpunkte – sowohl beim Menschen als auch beim Hund. Eiweiß ist für viele Prozesse im Körper unverzichtbar: Es wird unter anderem für den Erhalt von Muskeln, den Aufbau von Gewebe, die Funktion des Immunsystems und die Bildung von Enzymen und Hormonen benötigt. Eine zuverlässige Versorgung mit allen notwendigen Aminosäuren ist deshalb wichtig.
Die vegetarische Fütterung von Hunden ist im Vergleich zu uns Menschen noch nicht so gut erforscht und das Fleischfresser-Image des Hundes ist nach wie vor recht verbreitet. Dabei zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Hunde haben über lange Zeit ganz selbstverständlich von dem gelebt, was beim Menschen übrig blieb – oft hauptsächlich Brot, Getreidebrei oder andere pflanzliche Reste.
In diesem Beitrag erfährst du, mit welchen Proteinquellen du deinen Hund und auch dich selber bei einer vegetarischen Fütterung ausgewogen mit Proteinen versorgen kannst – auch ohne Fleisch.
Inhalt dieses Beitrags
ToggleAminosäuren, Verdaulichkeit & Co: Worauf es bei der Proteinversorgung ankommt
Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß. Entscheidend für eine gute Proteinversorgung ist nicht nur die Menge an Protein, die ein Lebensmittel liefert, sondern auch dessen Zusammensetzung und Verwertbarkeit. Proteine bestehen aus Aminosäuren – einige davon kann der Körper selbst herstellen, andere müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Diese nennt man essentielle Aminosäuren. Es gibt mehrere hundert Aminosäuren, von denen 21 für den Proteinaufbau im Körper genutzt werden.
Essentielle Aminosäuren
Für uns Menschen gelten neun Aminosäuren als essentiell: Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin.
Beim Hund kommt noch eine zehnte dazu: Arginin. Diese Aminosäure ist für Hunde unverzichtbar, da sie nicht in ausreichender Menge selbst gebildet werden kann. Arginin spielt eine wichtige Rolle im Harnstoffzyklus und damit bei der Entgiftung von Ammoniak.
Beim Menschen ist Arginin dagegen nur unter bestimmten Umständen essentiell – zum Beispiel im Wachstum, bei Erkrankungen oder in der Rekonvaleszenz. In der Regel kann der menschliche Körper genug Arginin selbst bilden, weshalb diese Aminosäure als „semi-essentiell“ gilt.
Tierische Proteine – also zum Beispiel aus Eiern oder Milchprodukten – enthalten in der Regel alle essentiellen Aminosäuren in einem für den Körper gut nutzbaren Verhältnis. Pflanzliche Eiweißträger wie Hülsenfrüchte oder Getreide liefern zwar ebenfalls wertvolle Aminosäuren, aber oft in einer weniger ausgewogenen Zusammensetzung. Manche Aminosäuren, wie beispielsweise Methionin oder Lysin, sind in pflanzlichen Proteinlieferanten nur in geringen Mengen enthalten. Deshalb ist es sinnvoll, verschiedene pflanzliche Proteinquellen zu kombinieren, um eine zuverlässige Proteinversorgung zu gewährleisten.
Limitierende Aminosäuren – der schwächste Baustein entscheidet über die Proteinversorgung
Damit ein Protein im Körper optimal genutzt werden kann, müssen alle notwendigen Aminosäuren in ausreichender Menge vorhanden sein. Fehlt eine – oder ist sie nur in sehr geringer Menge enthalten –, spricht man von der limitierenden Aminosäure. Sie bestimmt letztlich, wie gut die gesamte Proteinversorgung funktioniert.
Man kann sich das vorstellen wie beim Schreiben von Wörtern: Auch wenn du viele verschiedene Buchstaben zur Verfügung hast – sobald dir ein häufiger Buchstabe wie das E oder das A fehlt, kommst du schnell an Grenzen. Viele Wörter lassen sich dann nicht mehr bilden, obwohl theoretisch genug Material vorhanden wäre. Genauso ist es mit den Aminosäuren: Ist eine davon knapp, kann der Körper die anderen nicht vollständig verwerten.
Bei einer überwiegend pflanzlichen Ernährung ist es daher wichtig, verschiedene Eiweißquellen so zu kombinieren, dass sich die Aminosäurenprofile gegenseitig ergänzen.
Wie viel Protein braucht der Körper?
Der tägliche Proteinbedarf eines Hundes richtet sich nach dem Stoffwechselgewicht. Das Stoffwechselgewicht, auch metabolisches Körpergewicht genannt, ist nicht das “normale” Gewicht des Hundes. Es bezieht nämlich auch das Verhältnis von Körperoberfläche zum Körpergewicht mit ein. Der Grund für diese Vorgehensweise ist die bei Hunden so unterschiedliche Körpergröße, vom Chihuahua bis zur Dogge. Man berechnet das Stoffwechselgewicht, indem man das Körpergewicht mit 0,75 potenziert, also Gewicht0,75.
In der folgenden Übersicht kannst du grob nachschauen, welches metabolische Körpergewicht dein Hund hat:
Für ausgewachsene Hunde wird in der Praxis ein Bedarf von etwa 5,5 Gramm verdaulichem Protein pro Kilogramm metabolisches Körpergewicht angenommen.
Zur Orientierung:
Ein Hund mit 10 Kilogramm Körpergewicht hat ein metabolisches Körpergewicht von etwa 5,6 kg und benötigt damit rund 30 Gramm verwertbares Protein pro Tag.
Ein 20-Kilo-Hund kommt auf etwa 9,5 kg und braucht entsprechend etwa 52 Gramm Protein täglich. Der Bedarf kann bei Wachstum, Trächtigkeit oder hoher Aktivität deutlich steigen.
Beim Menschen wird der Proteinbedarf meist direkt am Körpergewicht bemessen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Für einen Erwachsenen mit 70 Kilogramm ergibt das rund 56 Gramm Protein pro Tag. Bei sportlich aktiven Menschen oder im Alter wird oft etwas mehr empfohlen.
Sowohl für Hunde als auch für Menschen gilt: Eine gute Proteinversorgung ist entscheidend – unabhängig davon, ob die Eiweißquellen tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind.
Natürliche Proteinquellen bei vegetarischer Ernährung
Was bedeutet „vegetarisch“ überhaupt?
Vegetarismus ist eine Ernährungsform, bei der überwiegend pflanzliche Lebensmittel verwendet werden und keine Produkte von Tieren eingesetzt werden, für die diese getötet werden mussten. Das schließt Fleisch, Fisch und auch tierische Bestandteile wie Gelatine oder Schmalz aus. Erlaubt sind hingegen Produkte wie Milch, Eier oder Honig, sofern sie ohne das Töten von Tieren gewonnen werden.
Je nach Ausprägung unterscheidet man verschiedene Formen:
- Lakto-vegetarisch: pflanzliche Ernährung plus Milchprodukte
- Ovo-lakto-vegetarisch: pflanzliche Ernährung plus Milchprodukte und Eier
- Vegan: rein pflanzliche Ernährung – ohne Milch, Eier oder andere tierische Produkte
- Pescetarisch(nicht vegetarisch im engeren Sinn): pflanzliche Ernährung plus Fisch, häufig auch Milchprodukte und Eier
Obwohl Pescetarier oft als eigene Gruppe genannt werden, zählt der Verzehr von Fisch nicht zum Vegetarismus, da dafür Tiere getötet werden. In diesem Artikel geht es deshalb um die ovo-lakto-vegetarische Ernährung – also eine Form ohne Fleisch und Fisch, bei der Milchprodukte und Eier Teil der Proteinversorgung sein können.
Wer auf Fleisch verzichtet, braucht gute Alternativen – nicht nur für sich selbst, sondern auch für den Hund. In der vegetarischen Ernährung stehen dafür sowohl pflanzliche als auch bestimmte tierische Lebensmittel zur Verfügung, die zur zuverlässigen Proteinversorgung beitragen können.
→ Pflanzliche Eiweißquellen
Pflanzliche Proteinquellen enthalten meist nicht nur Protein, sondern oft auch wertvolle Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Mineralien. Allerdings unterscheidet sich die Eiweißzusammensetzung von der tierischer Produkte – manche Aminosäuren sind in geringerer Menge enthalten, weshalb eine clevere Kombination besonders wichtig ist.
Im Folgenden stelle ich dir die wichtigsten pflanzlichen Eiweißquellen vor, die sich für Menschen und Hunde gleichermaßen eignen.
Hülsenfrüchte – eiweißreich und vielseitig einsetzbar
Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen, Kichererbsen oder Bohnen gehören zu den wichtigsten pflanzlichen Eiweißquellen – sowohl beim Menschen als auch beim Hund. Sie enthalten reichlich Protein und liefern dabei zusätzlich wertvolle Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe.
Für die Proteinversorgung spielen sie vor allem deshalb eine große Rolle, weil sie relativ viel Lysin enthalten – eine Aminosäure, die in vielen Getreidearten nur in geringer Menge vorkommt. Kombiniert man Hülsenfrüchte mit Getreide oder Pseudogetreide, ergibt sich ein besonders günstiges Aminosäurenprofil.
Auch Hunde können Hülsenfrüchte gut verwerten, wenn sie richtig zubereitet und in passenden Mengen eingesetzt werden. Sie liefern wertvolles pflanzliches Eiweiß und tragen zur Sättigung bei. Was du bei der Fütterung von Erbsen, Bohnen und Co beachten solltest, erfährst du in meinem ausführlichen Beitrag zu diesem Thema: 👉 Hülsenfrüchte im Hundefutter: Erbsen, Bohnen & Linsen im Napf.
Getreide & Pseudogetreide – wertvolle Ergänzung in der Proteinversorgung
Auch wenn Getreide nicht zu den klassischen Eiweißlieferanten zählt, trägt es durchaus zur Proteinversorgung bei – besonders in Kombination mit Hülsenfrüchten. Weizen, Hafer, Gerste oder Dinkel enthalten zwar meist wenig Lysin, dafür aber vergleichsweise viel Methionin – also genau jene Aminosäure, die in vielen Hülsenfrüchten nur in geringen Mengen vorkommt.
Durch die gezielte Kombination beider Gruppen – etwa Linsen mit Reis oder Bohnen mit Hirse – lässt sich das Aminosäurenprofil deutlich verbessern. Pseudogetreide wie Quinoa, Amaranth oder Buchweizen sind hier besonders interessant: Sie liefern mehr Protein als herkömmliches Getreide und punkten zusätzlich mit einem recht ausgewogenen Aminosäurenverhältnis.
Auch für Hunde sind Getreide- und Pseudogetreidearten sinnvoll einsetzbar, solange keine individuelle Unverträglichkeit besteht. Sie liefern nicht nur Energie und pflanzliches Eiweiß, sondern auch Ballaststoffe, die die Darmgesundheit unterstützen können.
Tofu & Tempeh – Eiweiß aus der Sojabohne
Tofu und Tempeh zählen zu den bekanntesten vegetarischen Eiweißquellen. Beide werden aus Sojabohnen hergestellt und liefern hochwertiges pflanzliches Protein – mit einem besonders günstigen Aminosäurenprofil. Tofu entsteht durch Gerinnung von Sojamilch, während Tempeh ein fermentiertes Produkt aus ganzen Sojabohnen ist.
Im Vergleich zu vielen anderen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten Tofu und Tempeh mehr Eiweiß pro Portion und eine gute Mischung aus essentiellen Aminosäuren. Sie tragen deshalb besonders effektiv zur Proteinversorgung bei – nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Hund.
Tofu enthält kaum Ballaststoffe und eignet sich daher gut als direkter Ersatz für Fleisch in einer vegetarischen Hunderation.
Tempeh bringt durch die Fermentation zusätzlich probiotische Eigenschaften mit, ist aber etwas kräftiger im Geschmack. Bei Hunden empfiehlt sich ein langsames Herantasten – vor allem bei Tempeh, da fermentierte Lebensmittel nicht jeder Hund gleich gut verträgt.
Nüsse, Samen & Kerne – konzentrierte Nährstoffpakete
Nüsse, Samen und Kerne enthalten nicht nur gesunde Fette und Mineralstoffe, sondern auch eine beachtliche Menge pflanzliches Eiweiß. Besonders eiweißreich sind Hanfsamen, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Mandeln und Erdnüsse. Auch Leinsamen, Chiasamen und Sesam tragen zur Proteinversorgung bei – wenn auch in kleineren Mengen.
Für den Menschen sind diese Lebensmittel vielseitig einsetzbar, zum Beispiel im Müsli, im Brot oder als Topping für Gemüsegerichte. Bei Hunden sollten sie nur sparsam und gut zerkleinert eingesetzt werden – idealerweise gemahlen oder als Mus, um die Nährstoffe besser verfügbar zu machen.
Speisepilze – eiweißarm, aber interessant für die Vielfalt
Pilze wie Champignons, Austernpilze oder Kräuterseitlinge liefern zwar deutlich weniger Eiweiß als Hülsenfrüchte oder Tofu, können aber trotzdem eine sinnvolle Ergänzung in der vegetarischen Ernährung sein. Sie enthalten kleine Mengen an Protein sowie B-Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.
Obwohl sie im Alltag oft wie Gemüse verwendet werden, gehören Pilze weder zu den Pflanzen noch zu den Tieren, sondern bilden ein eigenes biologisches Reich. In der Ernährungslehre und Küchenpraxis werden sie allerdings trotzdem meist zu den pflanzlichen Lebensmitteln gezählt. Ihre Zellwände bestehen nicht aus Zellulose, sondern aus Chitin – einem unverdaulichen Ballaststoff, den weder Menschen noch Hunde mit körpereigenen Enzymen abbauen können.
Die Verträglichkeit hängt stark von der individuellen Darmflora ab. Bei empfindlichen Hunden (oder auch Menschen) kann es durch Chitin zu Blähungen kommen, insbesondere wenn Pilze in größeren Mengen gefüttert werden. Starte deshalb mit kleinen Mengen, um die Verträglichkeit zu testen – insbesondere beim Hund, und am besten gekocht und fein zerkleinert.
Interessant ist: Das Mikrobiom passt sich langfristig an die Ernährung an. Hunde, die regelmäßig pflanzliche Bestandteile wie Pilze, Hülsenfrüchte oder Getreide erhalten, entwickeln häufig wie wir Menschen auch eine vielfältigere und anpassungsfähigere Darmflora, die solche Ballaststoffe besser verwerten kann.
→ Tierische Eiweißquellen in der vegetarischen Ernährung
Auch bei vegetarischer Ernährung können bestimmte tierische Produkte verwendet werden – nämlich solche, für die Tiere nicht getötet werden müssen. Dazu zählen in erster Linie Milchprodukte und Eier. Beide liefern hochwertiges Eiweiß mit einer besonders guten biologischen Wertigkeit und einem vollständigen Spektrum an essentiellen Aminosäuren.
Für die Proteinversorgung bedeutet das: Wer Milchprodukte und Eier nutzt, muss sich in der Regel keine Sorgen um eine mangelhafte Aminosäurenbilanz machen – weder beim Menschen noch beim Hund. Besonders bei Methionin oder Lysin lassen sich Defizite so zuverlässig vermeiden.
Als Milchprodukte eignen sich beispielsweise Quark, Joghurt, Kefir, Hüttenkäse, Buttermilch, Frischkäse, Hartkäse oder auch Topfen – am besten möglichst naturbelassen und ohne Zusätze. Auch Molkeprodukte oder Skyr können eine sinnvolle Eiweißquelle sein.
Eine wirklich sorgfältige Planung wird vor allem dann nötig, wenn alle tierischen Produkte weggelassen werden sollen – also bei einer veganen Fütterung. Darauf gehe ich in diesem Artikel bewusst nicht näher ein, denn hier steht die vegetarische Proteinversorgung im Mittelpunkt.
Kombinationen zur Aufwertung der Proteinversorgung
Einzelne vegetarische Eiweißquellen liefern oft nicht alle essentiellen Aminosäuren in optimaler Menge. Durch clevere Kombinationen lässt sich die Proteinqualität aber deutlich verbessern – man spricht vom Ergänzungsprinzip: Die Aminosäuren eines Lebensmittels gleichen dabei die Defizite eines anderen aus.
Als Kombination geeignet sind:
- Getreide + Hülsenfrüchte
- Milchprodukte + Getreide
- Ei + Gemüse oder Kartoffeln
Beispiele für Kombis wären:
- Haferflocken mit Joghurt oder Quark
- Linsensuppe mit Brot
- Hirse mit Kichererbsen und etwas Frischkäse
- Gekochtes Ei mit Brokkoli oder Kartoffelpüree
- Buchweizen mit weißen Bohnen und einem Klecks Hüttenkäse
Solche Kombinationen verbessern nicht nur die Proteinversorgung, sondern sorgen auch für mehr Abwechslung im Napf oder auf dem Teller. Wichtig ist vor allem die Gesamtschau über den Tag oder die Woche – nicht jede Mahlzeit muss perfekt zusammengesetzt sein, solange am Ende das Gesamtprofil passt.
Die Auswahl an eiweißreichen Lebensmitteln ist wie du siehst doch recht groß, auch ganz ohne Fleisch. Wer die verschiedenen Proteinquellen sinnvoll kombiniert, kann sowohl sich selbst als auch seinen Hund vegetarisch ausgewogen versorgen.